In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder Gerüchte in Jena, die die baldige Schließung der Universität betrafen. Die vier Unterhalterstaaten der »Ernestinischen Gesamtuniversität«, das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und die Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha waren in Geldnot und konnten wenig für die Unterstützung der Hochschule tun. Zudem waren die Studentenzahlen seit dem ersten Höhepunkt in ihrer Entwicklung in der Weigel-Zeit von 1650 bis 1700 von durchschnittlich 1500 schon in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf etwa 500 zurückgegangen. Auch die Großherzogliche Sternwarte in Jena sollte geschlossen werden, nachdem ihr langjähriger Direktor Heinrich Ludwig Friedrich Schrön (1799-1875) gestorben war. Er hatte sich vor allem der Meteorologie gewidmet, und so konnte die Sternwarte kaum einem zu berufenden Astronomen zugemutet werden. Im Jahr 1875 wandte sich der Kurator der Universität an Ernst Abbe (1840-1905), der nach seiner Habilitation 1863 als Privatdozent für Mathematik und Physik für die Jenaer Universität wirkte, und bat ihn um ein Gutachten über den Weiterbestand der Astronomie. Abbe hatte sich während seiner Studienzeit mit Astronomie beschäftigt, war kurzzeitig Assistent an der Göttinger Sternwarte und hatte während seiner Tätigkeit in Frankfurt am Main astronomische Messungen vorgenommen und Vorträge gehalten. Er vertrat dem Kurator gegenüber die Meinung, daß Astronomie in Jena als selbständige Wissenschaft nicht betrieben werden sollte, daß sie aber um so wichtiger für die anderen naturwissenschaftlichen und mathematischen Studiengänge sei; ja, er meinte, die Astronomie wäre »geradezu eine Schule der exakten Beobachtungskunst«. In diesem Sinne übernahm er selbst das Direktorat, zog mit seiner Familie in das Sternwartengebäude ein - das vormalige Schillersche Gartenhaus mit dem Goetheschen Observatoriumsanbau -, das er zunächst instand setzen li