Im Römischen Reich gab es im Verlaufe der Jahrhunderte in den einzelnen Herrschaftsgebieten verschiedene Bestattungssitten, so dass sowohl Urnen als auch Sarkophage überliefert sind. Bei der sehr gut erhaltenen zylindrischen Marmorurne des Decimus Modius mit Deckel handelt es sich nach stilistischen Kriterien um eine römisch- kaiserzeitliche Arbeit aus dem zweiten Viertel des 2. Jahrhunderts n. Chr. Die Urne wird von einer mythologischen Szene geschmückt, die Ariadnes Auffindung durch Dionysos auf der Insel Dia (Naxos) darstellt. Ariadne war der Sage nach die Tochter des kretischen Königs Minos. Sie verhalf Theseus zur Flucht aus dem Labyrinth des Minotauros, der ihr dafür die Ehe versprach. Auf der Insel Dia wurde sie jedoch im Schlaf von ihm zurück gelassen. Dionysos nahm sich ihrer an und heiratete sie später. Unterhalb der Inschrifttafel liegt die schlafende Ariadne. Links von dieser steht der jugendliche Dionysos, der sich nach rechts gewandt, auf die Schulter eines Satyrs stützt. Ihre Blicke sind zurückgewandt nach einem Pan, der unmittelbar neben ihnen steht. Rechts neben der Tafel ist eine tanzende Mänade als Begleiterin des Weingottes dargestellt, die in eiliger Bewegung nach rechts geht. Vor ihr findet sich ein liegender Panther. Ikonographisch verstand man die schlafende Ariadne als Sinnbild für die Erlösung aus dem Todesschlaf. Deshalb findet sich die vorliegende mythologische Szene häufig auf Urnen und Sarkophagen. Verzierte Aschenurnen kommen seit spätrepublikanischer Zeit vor und wurden vereinzelt noch im 4. Jahrhundert n. Chr. produziert. Die Marmorurnen nehmen unter ihnen allerdings prozentual nur einen geringen Teil ein. Sie treten in größerem Umfang als eine Sondererscheinung der Stadt Rom und des umliegenden Gebietes auf. Die Hauptform der Marmorurnen ist der eckige Kastentyp. Bezeichnend für die zylindrischen Urnen sind ihre künstlerische Qualität in der figuralen Reliefgestaltung und ihr starker Bezug zur Sarkophagdekoration