Der abgebildete Weber im weißen Hüfttuch und weißen Oberteil trägt einige unspektakuläre Ergebnisse der südindischen Webkunst über dem Arm. Die Stoffe von der Malabar- und vor allem von der Koromandelküste Südindiens waren seit Jahrhunderten bekannt und berühmt. Die europäischen Handelsmächte, die ab dem 16. Jahrhundert in Südostasien Gewürze aufkauften, mussten schnell begreifen, dass sie ohne indische Textilien im Malaiischen Archipel keine wirtschaftlichen Transaktionen durchführen konnten. Deshalb gründeten die Portugiesen, Holländer, Dänen und Engländer kleine Stapelplätze in Südindien, wo sie indische Gewebe für den Weitertransport nach Südostasien und China erwarben. Textilien aus Südindien wurden auch nach Arabien und sogar bis nach Westafrika transportiert. Den hier dargestellten Weber kann man gewissermaßen als ein Symbol für das Ende des oben geschilderten Prozesses verstehen: Um 1800 war die Bedeutung der Gewürze für die europäische Küche gering geworden, und für die Geschäfte auf den Inseln des Ostens waren indische Textilien nur noch bedingt gefragt. Außerdem sollte die indische Textilindustrie, unter dem Konkurrenzdruck der Billigware aus Manchester, bald ins Hintertreffen geraten. Der zufriedene Ausdruck auf dem Gesicht des Webers hatte nichts mehr mit seiner ökonomischen Wirklichkeit zu tun. (Werner Kraus)
de