Die Entwicklung der Menschheit ist eng mit der Nutzung von Tieren und Pflanzen verbunden. Dabei wurde zwischen »nutzlosen« und »nutzbaren « Lebewesen unterschieden. Die »nutzlosen « wurden oft rigoros aus ihrem Lebensraum gedrängt oder als unliebsame Konkurrenten vernichtet. Die »nutzbaren« wurden dagegen begünstigt und weit über die Grenzen ihres ursprünglichen Lebensraumes hinaus angesiedelt oder aber durch rücksichtslose Ausbeutung bis zum letzten Exemplar ausgerottet. Ein solches Schicksal musste auch der Riesenalk erleiden. Die Riesenalke lebte vom Menschen weitgehend unbehelligt zu Millionen auf den Küsteninseln des Nordatlantik. Küchenabfälle verraten aber, dass die Tiere und ihre wohlschmeckenden Eier schon den Nahrungstisch prähistorischer Menschen bereicherten. Mit dem Aufblühen der Seefahrt begann dann vor etwa 500 Jahren die systematische Verfolgung und gewerbliche Nutzung dieser Tiere. Eier und Fleisch dienten den Seefahrern als Nahrung, Fett und Bälge als Heizmaterial. Die Federn füllten schließlich die Betten der Menschen auf dem Festland. Die Flugunfähigkeit und Zutraulichkeit der Vögel ermöglichte es den Seeleuten, bequeme und reiche Beute zu machen. So waren bereits am Ende des 18. Jahrhunderts die Bestände stark zurückgegangen. Am 3. Juli 1844 wurden die letzten Tiere aus Gewinnsucht erschlagen. Unser Exemplar wurde im letzten Lebensjahrzehnt seiner Art auf Grönland getötet. Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha erwarb es 1843 für sein Naturalienkabinett. Sammler überboten sich damals bereits, um in den Besitz von Präparaten, Skeletten und Eiern zu kommen. In den Museen der Welt werden heute 78 Präparate, 25 Skelette und etwa 80 Eier des Riesenalks aufbewahrt. Damit kommen die Museen der Verpflichtung nach, wenigstens die Belege der ausgerotteten Art für die Menschheit zu erhalten und der Forschung zur Verfügung zu stellen. Der Riesenalk gehört heute zu den wertvollsten Objekten des Museums der Natur Gotha. [Rainer Samietz]
weitere Literatur: Rainer Samietz: Der Riesenalk des Museums der
Natur Gotha, Neue Museumskunde 33, 1990, S. 170-171
de