Der hier abgebildete Tempel scheint als Hausaltar (zushi) konzipiert worden zu sein. Seine Architektur vereinigt verschiedene eklektische Formen, die im Zusammenhang mit der Verbreitung des Buddhismus stehen. Ursprünglich in Indien beheimatet, fand diese Religion über China auch in Japan Verbreitung. Gleichzeitig kam es zur Übernahme einzelner Architekturformen, die sich in den sakralen Bauten modifiziert und abgewandelt wiederfinden. So zeichnet sich die japanische Baukunst nicht nur durch Klarheit und große Einfachheit mittels Verwendung natürlicher Materialien aus, sondern auch durch Symmetrie, reiches Schnitzwerk und Farbenpracht. Der Schrein mit seinen in Rot- und Schwarzlack überfangenen Schnitzereien und den veredelten Metallbeschlägen entsprach dem Geschmack der Europäer, die diese Werke schätzten und sammelten. Im Gegensatz zum hier vorgestellten Tempel, der kein näher bestimmbares Kultgebäude en miniature darstellt, verbreitete sich ab der Meiji-Zeit auch der buddhistische (butsudan) und shintoistische (kamidana) Hausaltar im privaten Bereich. Ein shintoistischer Schrein, von dem ein Modell im Sammlungsbestand des Museums vorhanden ist, diente zudem der Aufbewahrung von Heiligtümern, die im Gegensatz zu den buddhistischen für gewöhnlich nicht öffentlich gezeigt wurden. Hermann Schilling (1859-1940) erwarb während seines Japanaufenthaltes drei Modelle, von denen die erwähnten zwei (zishu und kamidana) 1941 in den Sammlungsbestand des Museums gelangten. Das dritte Modell hat er wahrscheinlich seiner Haushälterin Alwine Wendt als Andenken hinterlassen. [Doreen Winker]
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