Die schon früh einsetzende Marienverehrung erreichte in der Gotik einen neuen Höhepunkt. Das äußerte sich auch im stetig wachsenden Motivreichtum der Marienbilder. Szenen aus dem Leben der Mutter Jesu wie die Darstellung ihrer Krönung, der Ostkirche fremd geblieben, waren in Westeuropa sehr beliebt. Zahlreichen Beispielen der französischen und deutschen Kathedralplastik stehen seit dem Ende des 13. Jahrhunderts in Italien vor allem Wiedergaben in der Tafel- und Wandmalerei gegenüber. Hier wurde die Marienkrönung durch das vielköpfige Gefolge von Heiligen und Engeln oft zum festlich-höfischen Zeremoniell, wie diese Tafel aus dem Lindenau-Museum zeigt. Auf einem reichverzierten gotischen Thron empfängt Maria, der Tradition gemäß zur Rechten von Christus sitzend, die Krone aus der Hand ihres Sohnes. Beide hebt ihre Größe sowie die beherrschende Position in der Bildmitte von den übrigen Personen ab. Auch das auffällige Goldmuster auf den Gewändern und dem prunkvollen Gestühl unterstreicht ihren Rang. Dicht drängen sich die Heilgen heran, streng symmetrisch aufgereiht, jeweils sieben auf jeder Seite. Johannes der Täufer und Petrus stehen Jesus am nächsten, in unmittelbarer Nähe der Engel, die durch die offenen Seitenwangen des Throns wie durch Fenster blicken - ein seit Giotto häufig verwendetes Motiv. Wirken die reglos verharrenden Heiligen eher wie stumme Statisten, so ist der Vordergrund reizvoll belebt durch eine Schar musizierender und tanzender Engel. Dieses erzählfreudige, diesseitige Motiv mag daran erinnern, daß der Maler Zeitgenosse von Petrarca und Boccaccio war. Die neuere Forschung schreibt die Tafel Puccio di Simone zu, der in Florenz zwischen 1343 und 1358 nachweisbar ist. Die Marienkrönung könnte das Mittelbild eines Altars sein, dessen Seitentafeln sich in der Art Gallery City of York befinden, und am Ende der Schaffenszeit des Künstlers entstand.
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