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Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Kunsthandwerkliche Sammlungen [TLMH Kg 1354]
Pendule (Thüringer Landesmuseum Heidecksburg CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Thüringer Landesmuseum Heidecksburg (CC BY-NC-SA)
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Pendule. Um 1820

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Beschreibung

Pendulen dieser Art wurden im 19. Jahrhundert in Frankreich, speziell in Paris, in relativ großer Stückzahl angefertigt. Mit ausschlaggebend dafür war nicht nur die hohe Perfektion der französischen Bronzegießer, sondern auch die Verschuldung des Landes aufgrund einer jahrelang betriebenen Verschwendungssucht. Die daraus resultierende gezielte Industrieförderung begünstigte die Spezialisierung der Unternehmen auf Einzelteile und die beginnende Errichtung größerer Fabrikationsstätten, so dass neben Uhrmachern Emailleure, Bildhauer, Modelleure, Ziseleure und Vergolder an der Produktion einer Uhr beteiligt waren. Obwohl das Uhrwerk auf seiner Rückseite mit einem Stempel versehen ist, konnte bisher nicht geklärt werden, ob es sich um den Uhrmachernamen oder um die Verkäufersignatur handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass Bronzefabrikanten Serienuhrwerke kauften, vereinzelt Teile austauschten und in ihre gefertigten Gehäuse einbauten. Dies ermöglichte andererseits natürlich eine Vielfalt an Modellen, da die Gehäuse, Ornamente und Figuren variabel zusammengesetzt werden konnten. Das thematische Motiv der Pendule reiht sich ein in die um 1820 wieder beliebt gewordenen romantisch-bukolischen Darstellungen. Schon im Hellenismus galt die Arbeit eines Hirten für die Städter als Idealberuf. Im 18. Jahrhundert wurde das Leben auf dem Land genauso idyllisiert, was sich durch bukolische Dichtungen (Wieland, Gellert, Goethe), Schäfereien (Gesellschaftsspiel), der Genremalerei (Fragonard, Greuze, Watteau) sowie kunsthandwerkliche Objekte (Plastik, Porzellan) nachweisen lässt. Der links stehende, flötenspielende Jüngling trägt einen auf die Antike bezugnehmenden Exomis (griechisches Gewand) und erinnert an die Plastik des Fauns von Praxiteles (Original im Louvre). Ihm gegenüber sind Attribute eines Schäfers (Hirtenhut, -stab) sowie ein Hund zu sehen. Auf dem Gehäuse liegen unter anderem eine Panflöte und eine Sackpfeife. Erstere nimmt Bezug auf den Hirtengott, letztere ist ein typisches Hirteninstrument. Oftmals versinnbildlichten einzelne Motive und Gegenstände die Stärken und Schwächen des menschlichen Lebens mit teilweise anzüglichen Andeutungen. So symbolisierte zum Beispiel eine musette de cour (Sackpfeife) das männliche Geschlechtsteil. Der Hund gilt bekanntermaßen als Symbol der Treue und die Rose, die auf der Uhr das Zifferblatt umgibt und als Girlande auf dem Sockel wiederzufinden ist, als ein Zeichen der Liebe. Darüber hinaus weisen der Lorbeer auf dem Gehäuse und die Verwendung der römischen Ziffern auf den römischen Kaiserkult hin, der besonders unter Napoleon Bonaparte (1769-1821) einen Aufschwung erlebte. Pendulen mit diesem Sujet waren vornehmlich für Damensalons und das wohlhabende Bürgertum bestimmt. Jedoch wann diese Uhr in die Sammlung des Museums gelangte, konnte bisher nicht ermittelt werden. [Doreen Winker]
weitere Angaben: Werk: Gangdauer 8 Tage, schlägt volle Stundenzahl und einen Schlag zur halben Stunde, Pendel mit Fadenaufhängung, Schloßscheibenschlagwerk mit Vorlauf, Zifferblatt: Feuervergoldet mit aufgemalten (teilweise verwischten) römischen Stundenzahlen, Minuterie, guillochierter Mittelteil, sog. Breguet-Zeiger aus gebläutem Stahl, Stempel auf Uhrwerk, Rückseite unten: 6706 B (gleiche Nummer auf Pendel) und Rechot, Gehäuse: feuervergoldeter Bronze- und Messingguß mit Relief- und figürlichen Darstellungen, Glassturz fehlt

Material/Technik

Werk aus Messing und Stahl, feuervergoldetes Bronzegehäuse, Gehäuse: feuervergoldeter Bronze- und Messingguß

Maße

43,5 x 37 x 12 cm

Literatur

  • Fowler, Ian D. (1999): Uhren aus fünf Jahrhunderten. Aus den Sammlungen des Mainfränkischen Museums Würzburg. Würzburg
  • Lauterbach, Jeanette [Red.] (2003): Antlitz des Schönen: klassizistische Bildhauerkunst im Umkreis Goethes. Rudolstadt
  • Lauterbach, Jeanette und Henkel, Jens [Red.] (2004): Schloß Heidecksburg - Die Sammlungen. Rudolstadt
  • Niehüser, Elke (1997): Die französische Bronzeuhr. Eine Typologie der figürlichen Darstellungen. München
  • Ottomayer, Hans und Pröschel, Peter (1986): Porzellanmanufaktur Burgau a. S. Ferdinand Selle: 1901-1929. München
Thüringer Landesmuseum Heidecksburg

Objekt aus: Thüringer Landesmuseum Heidecksburg

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