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Louis George, Bodenstanduhr mit Flötenwerk, um 1790, Inv. Nr. II 1908 U1

Meininger Museen: Schloss Elisabethenburg Möbel / Interieur [II 1908 U1]
Louis George, Bodenstanduhr mit Flötenwerk, um 1790, Inv. Nr. II 1908 U1 (Meininger Museen CC BY)
Herkunft/Rechte: Meininger Museen / Oliver Ziebe, Berlin (2020) (CC BY)
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Beschreibung

Aufgrund ihrer Höhe von fast drei Metern, des qualitativ hochwertig gestalteten Gehäuses und des Musikwerkes muss die Uhr für eine begüterte adlige oder großbürgerliche Kundschaft entstanden sein. Das Äußere ist mit Mahagoniholz furniert und im Stil des Frühklassizismus gestaltet.
Der in Rahmenkonstruktion aufgebaute Kasten weist Sockel, Pendelkasten mit Tür und Uhrenkopf auf. Die Gehäuserückwand geht in einem Stück durch bis zum Aufsatz, der nach vorn abziehbar ist. Auf Höhe des Flötenwerks befindet sich in der Rückwand ein stoffbespanntes Schallloch. An der Vorderseite zieren schmale Leisten in hellem Ahornholz mit einem in Ebenholz eingelegten zarten Muster die abgesetzten Felder im Sockel und Pendelkasten sowie den inneren Rahmen der verglasten Tür am Uhrenkopf. Dieser bildet einen segmentbogigen Abschluss. Die Ecken des Pendelkastens sind eingezogen. In der Pendelkastentür befindet sich auf Höhe der Messing-Pendellinse ein rundes verglastes Fenster. Unterhalb des Gebälks wird das Gehäusemittelteil durch einen kannelierten Fries abgeschlossen. Die Tür-Innenseite ist mit hellem Holz furniert. Die Seiten des Aufsatzes sind mit Türen ausgestattet, deren Füllungen mit gelbem Stoff bespannt und einem darüber liegenden Zierblechbesatz mit antikisierender Vase und Girlande versehen sind. Im Inneren des Postaments steht auf dem Boden ein hölzerner, zweifach um 90° abgewinkelter Einsatz zur Deponierung von drei Spielwalzen.
Die Uhr gehört nicht zur originalen Ausstattung der herzoglichen Wohnräume im Schloss Elisabethenburg, sondern wurde von den Meininger Museen 1963 von Arno Steiner in Meiningen für 200 Mark angekauft. Somit dient sie als stilistisch passender Ersatz für verloren gegangene Einrichtungsgegenstände im Schloss, das nach 1945 nahezu vollständig demöbliert war. Das Gehäuse wurde 2011 durch DOREKO Weimar, Heiko Koob, restauriert. Dabei wurden u.a. Fehlstellen an den Profilleisten und Ornamentstäben rekonstruiert. (Silke Kiesant)

Beschriftung/Aufschrift

auf dem Zifferblatt: „LS. GEORGE HORLOGER DU ROY A BERLIN“

Vergleichsobjekte

Museum Eberswalde, Inv. Nr. V 214 E, Louis George, Bodenstanduhr, ehemals mit Flötenwerk, um 1780
Schloss Callenberg, Coburg, Bodenstanduhr mit Flötenwerk
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Inv. Nr. V 3, Louis George, Konsoluhr mit Flötenwerk, 1770

Material/Technik

Gehäuse: Eiche; Mahagoni, Vollholz und furniert; Ahorn und Ebenholz, eingelegt; Eisen, zum Teil gefasst mit Goldbronze; Rückwand des Uhrenkopfes als Schallloch: Textil; Glas; Uhr- und Flötenwerk: Email; Messing; Stahl; Gewicht: Blei

Maße

Höhe 293 cm, Breite 67,7 cm, Tiefe 49,7 cm

Ausführliche Beschreibung

Die Uhr ist mit einem Bodenstanduhrwerk und einem Flötenwerk ausgestattet, beide wurden im Gehäuseaufsatz auf einen hölzernen Werkstuhl (Basisbrett, H: 3,5 cm; B: 32,5 cm) montiert.
Das rechteckige Vollplatinen-Uhrwerk besteht aus Messing (H: 17,2 cm; B: 12,5 cm; Platinenstärke: 0,28 cm, Werkpfeiler in der Mitte und an den Platinen mit Ansätzen, H: 5,96 cm). Es verfügt über Vollstundenschlag auf einer Bronzeglocke (über dem Werk) mit Rechenschlagwerk, Sekundenpendel mit Pendelfeder, rückführende massive Ankerhemmung (nach Clement), Aufzugstrommeln, zwei mit Messing ummantelte Gewichte über lose Messing-Umlenkrollen mit Stahlseilen.
Das große schüsselförmige Emailzifferblatt (D: 32,2 cm) mit der Uhrmachersignatur zeigt schwarze große römische Stunden- und kleinere arabische Fünfminutenziffern, eine Minuterie mit Strichen, bei Fünfminuten mit Punkten. Die barocken, durchbrochen gearbeiteten, ziselierten und gravierten Zeiger bestehen aus vergoldetem Messing. Die Spitze des Minutenzeigers ist abgebrochen und durch eine neue Spitze ersetzt worden. Zwischen III und IIII sowie VIII und IX liegen die beiden Aufzugsvierkante aus Stahl für das Geh- und Schlagwerk. Im unteren Bereich und an den Rändern ist das Email z.T. gebrochen (restauriert) und zerkratzt.
Der Antrieb zum Flötenwerk befindet sich um 90° gedreht rechts vom Uhrwerk. Es ist ebenfalls ein rechteckiges Messing-Vollplatinenwerk (Werkpfeiler in der Mitte und an den Platinen mit Ansätzen). Im Vergleich zur durchgehenden Vorderplatine ist die Rückplatine verkürzt, wobei der untere Teil der Rückplatine der Form der Walze folgt. Die quadratischen Windflügel haben abgerundete Außenkanten.
An der Gehäuserückwand liegt der hölzerne Pfeifenstock (Pfeifenlade) mit 32 gedackten Holzpfeifen, nach rechts aufsteigend zu einem Register angeordnet, zugehörig 32 Claves. Eine der vier originalen Spielwalzen aus Holz (D: 14 cm; L: 35 cm) ist im Spielwerksrahmen (links: H: 20 cm; B: 20 cm; L: 42,5 cm) zwischen Uhrwerk und Pfeifenstock gelagert. Die viereckige Walzenachse besteht aus Stahl. Alle vier Walzen sind spiralförmig mit Messingstiften und -brücken versehen. Während des Spiels drehen sich diese mehrfach um die eigene Achse und werden durch ein Schneckenrad automatisch seitlich verschoben. Für die Luftzufuhr sorgen zwei Blasebälge auf einem eigenen Werkstuhl unter dem Basisbrett für Uhr- und Antriebswerk. Ein ca. 20 kg schweres Bleigewicht mit Umlenkrollen aus Messing und Stahlseilen vervollständigen die Spielwerksmechanik. Die ursprüngliche Auslösung durch das Uhrwerk wurde ausgebaut. Sie erfolgt jetzt durch einen Faden.
Derzeit befindet sich im Gehäuse die Walze mit der Nummer II und der Aufschrift: „(...?) Presto“, die eine Spieldauer von 4:04 Minuten erreicht. Die drei Austauschwalzen sind beschriftet: „I. Overtus Opera Bell Arsene“, „III. Menuet Con Variation“ (ergänzt durch spätere Bleistiftnotiz: „nicht gut“, „IIII. Aria Oper Semiramis“ (ergänzt durch spätere Bleistiftnotiz: „nicht gut“. Die Musikauswahl für die Walzen geht womöglich auf einen Liebhaber populärer französischer Musik zurück. Mit der Ouvertüre aus der Opéra-comique „La belle Arsène“ (1773) wurde ein Werk des französischen Komponisten Pierre-Alexandre Monsigny für die Walze arrangiert, der um 1760 musikalisch und dramaturgisch als ein Erneuerer dieser Gattung wirkte. Das Libretto schrieb Charles Simon Favart nach Voltaires „La bégueule“ (1772). Auch die auf der Walze III angegebene Arie aus der Oper „Semiramis“ kann sich auf Voltaires Tragödie „Semiramide“ (1748) beziehen, der auch Gioacchino Rossinis bekannte Oper „Semiramis“ (1823) folgt. Die Geschichte um die assyrische Königin Semiramis gehörte zu den meistvertonten Opernstoffen des 18. Jahrhunderts, dem ursprünglich das von Pietro Metastasio 1729 verfasste Textbuch zu Grunde lag. Auf welchen Komponisten die auf der Walze verzeichnete Opernmelodie zurückgeht, ist nicht bekannt.
Von dem Berliner königlichen Hofuhrmacher Louis George, Nachfahre eingewanderter Hugenotten, erfahren wir frühestens durch sein Schreiben aus dem Jahr 1769 an den König Friedrich II. in Preußen. Hierin gibt er an, dass er sich in Paris und in der Schweiz hat ausbilden lassen und drei „Singe-Uhren“ (Musikuhren) angefertigt habe. Seine Bitte um Erteilung des Hofuhrmacherprädikats wird ihm vom König erfüllt. Stolz signierte er seine Werke auf diese Weise: „Horloger du Roy“, später auch mit „George et Fils, Ls Berlin“. Bis etwa 1796 kann sein Wirken nachgewiesen werden. 1815 gründete vermutlich einer seiner Nachfahren in Berlin die Firma „Louis George et Compagnie“ als Fabrik für Uhren mit Ankerhemmung. Erstaunlich breit ist das stilistische Spektrum der Gehäuse, die Louis George im Verlauf seiner etwa 30jährigen Tätigkeit in Berlin für seine Werke benutzte: Allein der Vergleich zwischen der Rokoko-Bodenstanduhr im Schloss Callenberg und der Meininger Uhr veranschaulicht, wie er auf Kundenwünsche und Moden einzugehen vermochte. Trotz unterschiedlicher Gehäusetypen ähneln sich die Werke in ihrer Bauweise aber sehr. Neben Großuhren mit Musikwerken produzierte Louis George aber auch viele Taschenuhren in silbernen und goldenen Gehäusen (vgl. Abeler, 2010, die dort angegebene Taschenuhr von George im Märkischen Museum ist seit 1945 verloren) und im Roselius-Museum Bremen. (Anne Franzkowiak, Silke Kiesant)

Literatur

  • Abeler, Jürgen (2010): Meister der Uhrmacherkunst. Wuppertal, S. 177
  • Kiesant, Silke (2013): Prunkuhren am brandenburgisch-preußischen Hof im 18. Jahrhundert. Mit einem Katalog ausgewählter Uhren Friedrichs II. und Friedrich Wilhelms II. von Preußen. Petersberg, S. 338-340, Kat. 29 (dort weitere Literatur und Archivalien)
  • Koob, Heiko (2011): Dokumentation zur Gehäuserestaurierung, DOREKO – Weimar. Typoskript. Meininger Museen
  • Ruszwurm, Marina (1985): Dokumentation zur Restaurierung der Mechanik. Typoskript. Meininger Museen
Hergestellt Hergestellt
1790
George, Louis (Uhrmacher)
Berlin
Geistige Schöpfung Geistige Schöpfung
1773
Pierre-Alexandre Monsigny
Frankreich
Verkauft Verkauft
1963
Steiner, Arno
Meiningen
Restauriert Restauriert
2011
Koob, Heiko
Weimar
1772 2013
Meininger Museen: Schloss Elisabethenburg

Objekt aus: Meininger Museen: Schloss Elisabethenburg

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